Ach wie einfach hatten Theo und ich uns unseren Umzug doch vorgestellt! Eben alles streichen lassen, ein paar Regale von der Wand bohren, Koffer packen, Betten unter den Arm und ab geht’s ins neue Heim! Pustekuchen! Zuerst einmal haben wir uns doch sehr erschrocken, wie viele Habseligkeiten wir in den letzten 12 Jahren so angesammelt haben — und die nach gründlichem Sortieren entweder zur Flüchtlingshilfe oder schlichtweg auf den Müll wanderten. Zum anderen sind wir beide natürlich auch viel zu pingelig, um mal „eben so“ in ein neues Heim zu ziehen!
Außerdem ist die Mühle wunderschön, war aber in den letzten Jahren pflegetechnisch eher ein wenig vernachlässigt worden. So ist das eben, wenn besonders sehr alte Gebäude längere Zeit unbewohnt sind. (Vielleicht ist das mit den alten Gebäuden ja ähnlich wie mit alten Menschen: oftmals benötigen sie mehr und spezielle Pflege.) Jedenfalls verdiente die Mühle es, nicht nur „mal eben“ einen frischen Anstrich zu bekommen. Und dank eines total entspannten Vermieters war das auch alles kein Problem. Zudem überlegen wir, ob wir die Mühle nicht kaufen — falls unser Portemonnaie dies zulässt. Natürlich wäre das auch ein wenig leichtsinnig, wenn nicht gar schwachsinnig, immerhin sind Theo und ich ja auch nicht mehr die Jüngsten! Sich in unserem Alter, wo andere hingehen und sich ein behindertengerechtes Badezimmer einbauen lassen oder langsam anfangen für den Treppenlift Geld beiseite zu legen, noch eine Behausung zu kaufen, deren Wohnräume sich auf immerhin 5 Etagen erstrecken, ist wahrscheinlich eher unvernünftig! Aber was das angeht, denken Theo und ich ähnlich konsequent: Wenn bei uns irgendwann der Moment kommen sollte, wo wir ein behindertengerechtes Bad benötigen oder einen Treppenlift, wäre unser Leben eh nicht mehr lebenswert und somit auch unsere Tage an einer Hand abzählbar.
Jedenfalls ist die Mühle in den letzten 8 Wochen zu neuem Leben erblüht und von unten bis oben und von innen und außen Generalüberholt worden! Neue Fenster, die alten Holzböden abgeschliffen und neu lackiert. Neue Fugen, sehr zum Leidwesen der Käfer, die jetzt auch bei Regen notgedrungen wieder im Garten bleiben müssen und nicht mehr durch irgendwelche Ritzen in die Mühle flüchten können. Der Garten ist gemacht, Garage modernisiert, das Tor öffnet jetzt automatisch. -Und gerade als wir auch das Flügeltor an der Zufahrt zur Mühle ebenfalls mit einem Motor ausstatten wollten, fährt die Postbotin uns mit einem nigelnagelneuen Elektroauto die Mauer um, schrottet ihr Auto und beschädigt dabei auch das Tor!
Den Monat Mai habe ich vornehmlich mit putzen verbracht. (So viel zum Thema Frühjahrsputz.) Zwei Stunden für einen einzigen Heizkörper sauber zu bekommen und das x12. Einen halben Tag, um die Naturholzdecke und das dazu passende Bücherregal, oben im vierten Stock wo Theos Büro untergebracht ist, abzuwaschen und mit Mineralöl neu zu pflegen! Zwei ganze Tage nur für die Treppen zu putzen und zu pflegen und einen weiteren für den Steinboden im Erdgeschoss. Jeden Abend habe ich unzählige tote Fliegen aus meinen Haaren gekämmt und bin mittlerweile, was Käfer, Spinnen & Co. angeht, ziemlich abgehärtet!
Spinnen gehören einfach zur Mühle dazu. Es vergeht kein Morgen, wo ich nicht auf der Treppe durch ein Spinnennetz laufe und es lohnt sich auch immer, sich vor Gebrauch jedes Glas und jede Tasse genau von innen anzusehen. Fast immer findet sich ein Spinnchen, das es sich darin gemütlich gemacht hat oder nicht mehr herauskommt. Und wie oft hat sich nicht genau vor meinen Augen schon eines dieser niedlichen Tierchen abgeseilt und dabei freundlich gelächelt. Wusste ihr eigentlich das Spinnen eine unglaublich weiche Haut haben? Nicht dass man das fühlen könnte, aber es ist etwas das Arachnologen, also Spinnenforscher, herausgefunden haben.
Einiges von dem was in der Mühle repariert oder neu gemacht werden musste, habe ich selbst repariert oder erneuert und dabei vieles gelernt und herausgefunden. Mit dem Kantenschleifer kann ich mittlerweile umgehen wie ein Profi und keine Steckdose ist mehr sicher vor mir! Und ich wusste auch nicht, dass ich anstreichen kann ohne zu kleckern — etwas das selbst erfahrenen Anstreichern nicht immer gelingt! Ich habe die wundersamen Eigenschaften von Acryl entdeckt und begreife gar nicht, wieso der Erfinder dafür keinen Nobelpreis bekam! Natürlich muss man auch ein wenig Kreativität mitbringen und nachdem keiner der Handwerker oder Baumarktmitarbeiter einen Tipp für mich hatte, wie ich die schwarzgewordenen Fensterbänke aus Naturstein wieder hell bekomme, habe ich es mit ein wenig Vanish Oxi Action Pulver versucht. Dabei habe ich das Pulver auf die betreffenden Stellen gestreut und feuchtes Küchenpapier darübergelegt. Danach waren auch die Fensterbänke wieder schön. Einmal hätte ich in meinem Eifer jedoch fast ein Stromkabel durchgeschnitten (in der festen Überzeugung es handele sich dabei lediglich um ein altes Telekom-Kabel). Ein Handwerker hat mich im letzten Moment weggezogen! Und wie oft ich in den letzten Wochen zudem nicht im Baumarkt war. Mittlerweile kenne ich mich dort besser aus wie die meisten der Angestellten dort und gehe fast schon lieber im Baumarkt shoppen als in einem großen Schuhgeschäft.
Hinzu kommt das fast alles in der Mühle rund ist. Zum Glück hat ein netter Galerist, der die Mühle vor vielen Jahren einmal als Ausstellungsraum anmietete, eine spezielle Bilderleiste anbringen lassen die immer noch hängt. —So konnte ich zumindest ein paar Bilder aufhängen, ohne die Heizrohre in den Wänden anzubohren, welche die Feuchtigkeit im Mauerwerk zumindest unterdrücken, denn das Erdgeschoss der Mühle liegt teilweise unter der Erde. Anders sah es mit unserer neuen Küche und dem neuen Bad aus. Möbel sind nun mal auf gerade Wände und nicht auf Halbkreise zugeschnitten und überall musste unser Schreiner erst eine Platte zuschneiden und montieren: an der hinteren Seite an die jeweilige Rundung des Raumes angepasst und an der gegenüberliegenden Seite gerade, sodass man dort die Möbel anbringen konnte. Irgendwo habe ich gelesen, dass runde Räume glücklich machen — naja die Zeit wird es lehren. Jedenfalls bereue ich die Entscheidung nicht, auch wenn in der Mühle in der Regel alles erst beim dritten Versuch klappt. Vielleicht liegt es einfach daran, dass auch die Zahl drei ihre Rundungen hat.
Aber abends in einsamer Stille noch ein Gläschen Wein im Garten trinken, ohne den Lärm einer Kreissäge oder Kantenschneiders, und Morgens nur vom Vogelgezwitscher geweckt zu werden, entschädigt für vieles. Doch noch ist lange nicht alles fertig und es wird mit Sicherheit nochmals vier Wochen dauern, bis das alles so ist wie wir es haben wollen. (Und so lange wird es auch keine weiteren Fotos vom Inneren der Mühle geben.) Und dank der drei neuinstallierten LED-Strahler, die unser Vermieter ebenfalls hat anbringen lassen, strahlt die Mühle jetzt wieder! Irgendwie habe ich aber auch das Gefühl, die Mühle freut sich, dass wir jetzt hier sind und uns gut um sie kümmern.
Da strahlt sie wieder: 3 große LED-Scheinwerfer erhellen die Mühle nachts bei besonderen Anlässen, wie bspw. letztes Wochenende zum Anholter Schützenfest.
Die Geschichte der Mühle gibt es hier: http://medienwerkstatt-online.de/lws_wissen/vorlagen/showcard.php?id=26814&edit=0
Bildmaterial:
Titelfoto & Post (Blog) Fotos: Copyright by Kristine Weitzels
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